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Video­über­wa­chung im Wett­bü­ro — Kann das gutgehen?

Ein Gerichtsurteil wirft wichtige Fragen zur Videoüberwachung in Wettbüros auf. Erfahren Sie mehr über die Balance zwischen Sicherheit und Datenschutz in öffentlichen Einrichtungen.

All­ge­mei­nes

Video­über­wa­chung im Wett­bü­ro — Einleitung

Die Video­über­wa­chung im Wett­bü­ro ist, neben vie­len ande­ren Maß­nah­men, ein wich­ti­ger Fak­tor für den Betrei­ber, um die Sicher­heit des Büros, der Gäs­te und der Beschäf­tig­ten sicher­zu­stel­len. Die­ser Arti­kel zeigt den recht­li­chen Kon­flikt zwi­schen dem Betrei­ber eines Wett­bü­ros und einer Daten­schutz­auf­sichts­be­hör­de sowie den Daten­schutz­an­for­de­run­gen, die mit der Video­über­wa­chung im Wett­bü­ro ver­bun­den sind.

Hin­ter­grund: Der Kon­flikt um Daten­schutz und Sicherheit

Im Zen­trum des recht­li­chen Streits steht die Anord­nung der Auf­sichts­be­hör­de, die Video­über­wa­chung in einem Wett­bü­ro für Sport- und Pfer­de­wet­ten so zu gestal­ten, dass die Erfas­sung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Daten in den Sitz­be­rei­chen wäh­rend der Öff­nungs­zei­ten aus­ge­schlos­sen ist. Das Wett­bü­ro betreibt ein Fili­al­netz für Wett­an­nah­men und sieht die Video­über­wa­chung als essen­ti­el­len Schutz vor kri­mi­nel­len Akti­vi­tä­ten in ihren Räumlichkeiten. 

Die räum­li­chen Gege­ben­hei­ten und der Ein­satz von Kameras

Das Wett­bü­ro hat in sei­ner Filia­le ins­ge­samt elf Kame­ras instal­liert, die bestimm­te Berei­che abde­cken, dar­un­ter Sitz­be­rei­che, Bis­tro, und Geld­spiel­ge­rä­te. Zwei Dome-Kame­ras waren im Bereich des Geh­we­ges instal­liert. Die­se Maß­nah­me wur­de Mit­te 2016 ergrif­fen, um das Sicher­heits­ge­fühl der Beschäf­tig­ten und Gäs­te zu stär­ken und kri­mi­nel­le Akti­vi­tä­ten wie Dieb­stahl, Über­fäl­le und Trick­be­trug zu verhindern.

Prü­fung

Daten­schutz­recht­li­che Prü­fung und Anwei­sun­gen der Aufsichtsbehörde

Im Sep­tem­ber 2016 wand­te sich eine Bür­ge­rin an die Auf­sichts­be­hör­de und beschwer­te sich über zwei Kame­ras, die außer­halb der Filia­le instal­liert waren, um den Außen­be­reich zu schüt­zen. Die Auf­sichts­be­hör­de lei­te­te dar­auf­hin eine Daten­schutz­prü­fung ein und for­der­te das Wett­bü­ro auf, diver­se Fra­gen zur Video­über­wa­chung zu beant­wor­ten. Nach­dem das Wett­bü­ro nicht sofort reagier­te, ver­häng­te die Auf­sichts­be­hör­de Zwangs­gel­der. Das Wett­bü­ro reagier­te schließ­lich und erläu­ter­te, dass die Video­über­wa­chung der Sicher­heit die­ne und nur bestimm­te Berei­che erfasst.

Der Kon­flikt spitzt sich zu: Anord­nung des Auf­sichts­be­hör­de im Mai 2020

Nach wei­te­ren Dis­kus­sio­nen und Anpas­sun­gen sei­tens des Wett­bü­ros ent­schied die Daten­schutz­auf­sichts­be­hör­de Nie­der­sach­sen im Mai 2020, dass die Video­über­wa­chung nicht geset­zes­kon­form gestal­tet ist. Die Behör­de wies den Betrei­ber an, die Kame­ras in den Sitz­be­rei­chen wäh­rend der Öff­nungs­zei­ten zu deak­ti­vie­ren oder durch Screen­shots nach­zu­wei­sen, dass die Daten­er­he­bung aus­ge­schlos­sen ist. Zusätz­lich soll­te das Büro Nach­wei­se über Daten­schutz­in­for­ma­tio­nen für Betrof­fe­ne erbringen.

Wett­bü­ro erhebt Kla­ge: Berech­tig­tes Inter­es­se an Videoüberwachung

Das Wett­bü­ro zog vor Gericht (Ver­wal­tungs­ge­richt Han­no­ver, Urt. v. 10.10.2023, Az.: 10 A 3472/20) und argu­men­tier­te, dass sie ein berech­tig­tes Inter­es­se an der Video­über­wa­chung habe, um Sicher­heits­ri­si­ken und Straf­ta­ten in ihrem Wett­bü­ro zu mini­mie­ren. Es beton­te die Kri­mi­na­li­täts­be­las­tung von Wett­bü­ros und die Not­wen­dig­keit, Geld­spiel­ge­rä­te vor Mani­pu­la­tio­nen zu schüt­zen und wies dar­auf hin, dass die Gäs­te beim Betre­ten des Wett­bü­ros über die Video­über­wa­chung infor­miert wer­den und somit die freie Ent­schei­dung haben, das Lokal zu betreten.

Auf­sichts­be­hör­de ver­tei­digt Daten­schutz­stan­dards und Sicherheitsbedenken

Die Auf­sichts­be­hör­de hielt dage­gen, dass die Video­über­wa­chung der Sitz­be­rei­che wäh­rend der Öff­nungs­zei­ten nicht erfor­der­lich sei. Die Über­wa­chungs­ka­me­ras erfas­sen die Gäs­te wer­den bereits beim Pas­sie­ren des Ein­gangs­be­reichs. Eine Über­wa­chung der Lauf­we­ge reicht aus, um die Sicher­heits­zie­le zu errei­chen. Zudem bezwei­fel­te die Behör­de, dass das Büro kon­kre­te Gefähr­dun­gen nach­wei­sen kann, die eine umfas­sen­de Video­über­wa­chung rechtfertigen.

Abwä­gung bei der Video­über­wa­chung im Wettbüro

Der Kon­flikt zwi­schen den Par­tei­en ver­deut­licht die Her­aus­for­de­run­gen, die mit der Video­über­wa­chung in Wett­bü­ros ein­her­ge­hen. Daten­schutz­recht­li­che Anfor­de­run­gen müs­sen mit den Sicher­heits­be­den­ken und dem berech­tig­ten Inter­es­se des Betrei­bers an der Ver­hin­de­rung von Straf­ta­ten abge­wo­gen wer­den. Die Gerich­te ent­schei­den im Ein­zel­fall die unter­schied­li­chen Ansich­ten der Recht­mä­ßig­keit der Video­über­wa­chung. Das Urteil kann weit­rei­chen­de Aus­wir­kun­gen auf die Pra­xis der Video­über­wa­chung in ver­gleich­ba­ren Ein­rich­tun­gen haben — ins­be­son­de­re, wenn die­se Betriebs­art des ver­län­ger­ten Auges ver­wen­det wird.

Die Kla­ge des Wett­bü­ro gegen die Auf­sichts­be­hör­de war zwar zuläs­sig, aber unbe­grün­det. Die Daten­schutz­auf­sicht darf dem Wett­bü­ro Anwei­sun­gen zur Video­über­wa­chung ertei­len. Die Video­über­wa­chung ist so ein­zu­rich­ten, dass die Ver­ar­bei­tung in den Sitz­be­rei­chen des Wett­bü­ros rechts­kon­form ist. Die Video­über­wa­chung durch bestimm­te Kame­ras ver­stößt gegen die DSGVO, da sie nicht nach Art. 6 DS-GVO gerecht­fer­tigt ist. Es lag weder eine wirk­sa­me Ein­wil­li­gung der betrof­fe­nen Per­so­nen vor, noch war die Video­über­wa­chung zur Erfül­lung einer recht­li­chen Ver­pflich­tung erfor­der­lich. Die ange­führ­te Anwen­dung von § 10c des Nie­der­säch­si­schen Spiel­bank­ge­set­zes (NSpielbG) konn­te nicht ange­führt wer­den, da das Wett­bü­ro kei­ne Spiel­bank ist. Auch eine Recht­fer­ti­gung nach einem berech­tig­ten Inter­es­se war nicht gegeben. 

Feh­len­de Nach­wei­se des Betreibers

Ins­ge­samt leg­te das Wett­bü­ro zwar ein grund­sätz­li­ches berech­tig­tes Inter­es­se an der Video­über­wa­chung dar, um Straf­ta­ten zu ver­hin­dern, jedoch konn­te sie kei­ne aus­rei­chen­den kon­kre­ten Vor­fäl­le oder Erkennt­nis­se über eine beson­de­re Gefähr­dungs­la­ge vor­brin­gen. Daher war die Kla­ge unbegründet.

In einem aktu­el­len Gerichts­ur­teil unter­such­te das die Rol­le der Video­über­wa­chung in einem Wett­bü­ro genau­es­tens unter die Lupe genom­men. Dabei ver­wen­de­te der Betrei­ber ledig­lich ein Kame­ra-Moni­to­ring-Sys­tem (“ver­län­ger­tes Auge”. Das Wett­bü­ro führ­te an, dass die Kame­ras in den Sitz­be­rei­chen unver­zicht­bar sei, um die Sicher­heit zu gewähr­leis­ten. Doch das Gericht kommt zu einem ande­ren Ergebnis.

Video­über­wa­chung im Wett­bü­ro — Was sagt das Urteil des Gerichtes?

Das Urteil hebt her­vor, dass die Video­über­wa­chung in ihrer der­zei­ti­gen Form nicht zwin­gend not­wen­dig ist, um die Inter­es­sen der Betrei­be­rin zu schüt­zen. Der Daten­schutz steht dabei im Fokus der Ent­schei­dung. Die per­sön­li­chen Daten soll­ten ange­mes­sen, erheb­lich und auf das für die Ver­ar­bei­tung not­wen­di­ge Maß beschränkt sein. Das Gericht betont, dass die Erfor­der­lich­keit der Video­über­wa­chung nur dann gege­ben ist, wenn kei­ne mil­de­ren und gleich effek­ti­ven Mit­tel zur Ver­fü­gung ste­hen. Dies wäre ein­fach dadurch zu errei­chen, dass vor­han­de­nes Per­so­nal die Sitz­be­rei­che regel­mä­ßig kontrolliert.

Videoüberwachung im Unternehmen

Beson­ders inter­es­sant ist die Dis­kus­si­on um die Wirk­sam­keit der Über­wa­chung. Das Gericht zwei­felt dar­an, dass die Kame­ras tat­säch­lich dazu geeig­net sind, die befürch­te­ten Straf­ta­ten zu ver­hin­dern. Kon­kre­te Vor­fäl­le, die sich im Zusam­men­hang mit Gäs­ten in den Sitz­be­rei­chen ereig­net haben, konn­ten nicht dar­ge­stellt wer­den. Die Auf­sichts­be­hör­de schlug alter­na­ti­ve Maß­nah­men wie regel­mä­ßi­ge Kon­troll­gän­ge als mil­de­re und gleich effek­ti­ve Mit­tel vor. Dabei wur­de auch die Kos­ten­er­spar­nis allein nicht als aus­rei­chen­de Begrün­dung für die Fort­set­zung der Video­über­wa­chung akzeptiert.

Ein zen­tra­ler Punkt des Urteils ist die Abwä­gung zwi­schen dem Schutz des Eigen­tums der Betrei­be­rin und den Daten­schutz­rech­ten der Gäs­te. Das Gericht kam zu dem Ergeb­nis, dass in die­sem Fall die Inter­es­sen der von der Video­über­wa­chung betrof­fe­nen Per­so­nen über­wie­gen. Daten­schutz­rech­te nach der Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung sowie Grund­rech­te auf Schutz der Pri­vat­sphä­re und des Fami­li­en­le­bens wur­den betont.

Zusam­men­fas­sung

Fazit des Gerichts

Das Gericht gab der Daten­schutz­auf­sichts­be­hör­de Recht. Sie ergriff mil­de­re, gleich wirk­sa­me Maß­nah­men, um den Daten­schutz zu wah­ren. Das ver­häng­te Ver­bot der Video­über­wa­chung in den Sitz­be­rei­chen wur­de als ange­mes­sen und erfor­der­lich betrach­tet. 5 der 11 Kame­ras muss­ten deak­ti­viert bzw. der Betrieb anders gestal­tet wer­den. Die Daten­ver­ar­bei­tung muss auf das not­wen­dig erfor­der­li­che Maß ange­passt werden

Das Gerichts­ur­teil wirft wich­ti­ge Fra­gen auf, die über den kon­kre­ten Fall hin­aus­ge­hen. Es stellt die Balan­ce zwi­schen Sicher­heit und Daten­schutz in öffent­li­chen Ein­rich­tun­gen in den Fokus. Das Urteil kann weg­wei­send für ähn­li­che Fäl­le sein. 

Die Auf­sichts­be­hör­de arbei­te­te sich inten­siv in den Fall ein. Es kämpf­te über Mona­te für die Rech­te und Frei­hei­ten der Gäs­te im Wett­bü­ro und erreich­te eine weni­ger ein­griffs­in­ten­si­ve Über­wa­chung. Das Gericht folg­te der Argu­men­ta­ti­on der Auf­sichts­be­hör­de. Dies zeigt ein­mal mehr, dass die Beschäf­tig­ten der Auf­sichts­be­hör­den gut und über­zeu­gend argu­men­tie­ren kön­nen. Jede Video­über­wa­chung im ist Ein­zel­fall zu betrach­ten ist. 

Was kann opti­miert wer­den bei einer Video­über­wa­chung im Wettbüro?

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